Malediktion – Leseprobe
Mir ist eben mit Schrecken aufgefallen, dass unser letzter Beitrag bereits Ewigkeiten zurückliegt! Im Moment ist es echt stressig in der Schule: Alle Arbeiten in den Leistungskursen stehen an und die Lehrer verschonen uns noch nicht einmal mit der üblichen Menge an Hausaufgaben, und die haben es wirklich in sich dieses Jahr! Zum Glück stehen wenigstens die Herbstferien vor der Tür – eine kleine Entspannung für Kit und mich, aber leider auch eine kurze Blogauszeit, denn wärend es Kit wieder an die Nordsee zieht, wagen Mama und ich uns erneut nach Bosnien zu meiner Oma…
Es ist ehrlich deprimierend, wie wenig man in letzter Zeit zu Dingen kommt, die einem am Herzen liegen: Geschrieben habe ich schon seit Wochen nicht mehr, meine Geige schlummert so vor sich hin und selbst meine Freunde kommen viel zu kurz! Schule ist brutal! Und dann hat es heute Morgen auch noch geschneit. Normalerweise reagiere ich immer ziemlich euphorisch beim ersten Schnee – aber schon Mitte Oktober? Ich bitte euch! Wo ist denn der Herbst geblieben?!
Da hilft nur eines: Sich mit einer großen Tasse heißen Kakaos ins Bett legen und ein Buch lesen oder einen völlig belanglosen Tatort im Fernsehen schauen… Die Schule muss auch mal warten können – ich finde, man muss einfach seine Prioritäten setzen! Also, wenn es nach mir ginge, würde ich die ganze kalte Jahreszeit über Winterschlaf halten. Wenn da nicht die ganzen Aufgaben wären, die mich bedrängen! Ansonsten würde ich täglich fünf Stunden höchst aktiv sein (z.B. indem ich einen Tee tränke oder ein Buch läse) und dann vollkommen erschöpft zurück in meine Kissen sinken.
Tut mir leid, Leute, nichts Einfallsreiches heute… ich hatte einfach keine Lust, eine Rezension zu schreiben, also habe ich eine erneute Leseprobe aus meinem ersten beendeten Roman ausgesucht. Viel Spaß beim Lesen!
Sie folgten mir alle wie ein Entenschwarm als ich in den Flur trat und zurück zu Wilhelmina und Zoé ins Nebenzimmer ging, die noch immer geheimnisvoll auf das Hexenbrett sahen, jeder von ihnen fiel einmal der Länge nach über den alten Hund, dann hatten sie sich schon fast häuslich eingerichtet.
„Ah, eine Beschwörung“, flüsterte Bonnie und lächelte. Wilhelmina und Zoé fuhren sofort zu uns herum. Ich sah Wilhelmina erstarren, als sie Bonnie bemerkte, und fragte mich, ob das seltsame Mädchen ihr vielleicht Angst einflößte, während sich in Zoés Gesicht die Begeisterung ausbreitete, als ihr Blick auf die beiden Jungen fiel. Sofort röteten sich ihre Wangen und ihre Augen begannen zu funkeln.
„Wie interessant“, hauchte Bonnie erneut, obwohl ihre Stimme nur ein heiseres Flüstern war, konnte man sie gut verstehen. „Aber ihr solltet euch in Acht nehmen, so etwas kann ganz schnell ins Auge gehen.“
„Ich habe schon ganz oft Geister heraufbeschworen“, strahlte Zoé, die noch immer den Blick nicht von Hugo und Luka wenden konnte. „Keine Sorge, ich habe alles unter Kontrolle, schließlich bin ich ein Medium.“
„So?“, fragte Bonnie. Sie sagte es nicht unfreundlich, dennoch schwang in ihrer Stimme ein Hauch von Bosheit mit und sie lächelte ein so diabolisches Lächeln, dass selbst mir ein kalter Schauer über den Rücken lief. Ich sah Wilhelmina zittern. „Aber bist du dir da auch…“ Sie machte eine lange Pause, in der sie alle atemlos anstarrten und nicht wagten, auch nur einen Mucks zu machen. „…ganz sicher?“
„Wie… wie meinst du das?“, stotterte Zoé. Selbst ihre fröhliche Stimme zitterte ein wenig. Doch als ich mich umblickte, fiel mir erstaunt auf, dass Luka es war, der am ängstlichsten zu seiner Schwester herüberlugte und sich versuchte, hinter seinem Korb zu verstecken. Hugo verließ kopfschüttelnd das Zimmer.
„Nun, ihr habt doch sicher alle von der Malediktion gehört, nicht wahr? Im Grunde ist es nur ein kleiner Schabernack. Dinge verschwinden nach einer solchen Beschwörung, Schatten geistern durch das Haus und nachts sind seltsame Geräusche zu hören.“
„Ach Unsinn!“, spuckte ich aus und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich warf Wilhelmina einen besorgten Blick von der Seite zu, sie wirkte recht verängstigt, ihr Kinn zitterte haltlos und ihre Augen zuckten unruhig hin und her. Ich musste zugeben, dass Bonnies Gerede auch bei mir ein seltsam angenehmes Gefühl von Grusel auslöste, was ich mir nicht erklären konnte. Schließlich wusste ich genau, dass sie nur Schauergeschichten erzählte. Doch obwohl Hugo mich schon vor ihr gewarnt hatte, musste ich zugeben, dass die Art, wie sie so wie nebenbei darüber erzählte, sehr überzeugend klang.
„Bestecke sind auf einmal ohne besonderen Anlass verbogen, Spiegelbilder machen sich selbstständig und Spielzeuge erwachen zum Leben.“
„Spiel… Spielzeuge!“, hauchte Wilhelmina, der die Angst inzwischen ins Gesicht geschrieben stand. „Nein!“
„Doch“, flüsterte Bonnie mit einem ziemlich gemeinen Lächeln zurück. „Aber natürlich wusstet ihr schon von der Malediktion und habt Vorsorge getroffen. Das ist sehr vernünftig, man kann schließlich nie wissen, was bei einer Beschwörung gerufen wird und ob es auch wieder verschwindet.“
„Jetzt reicht es!“, rief ich erbost. „Ich will jetzt keine Geistergeschichten mehr hören!“
„Ihh! Sieh lieber mal nach den Bestecken, Bonnie!“, sagte Luka, der inzwischen ein Hufeisen aus seiner Manteltasche geholt hatte, das er vor uns auf den Tisch legte. Als nächstes streute er sich eine Priese Salz auf die Handfläche und warf sie vorsichtig über seine linke Schulter hinweg auf den Boden.
„He, was soll denn das?“, fragte ich halb verärgert, halb belustigt, während ich Luka dabei zusah, wie er sein albernes Spiel fortführte. Jetzt streute er auch auf die Fensterbretter und auf die Türschwelle Salz.
„Man kann nie vorsichtig genug sein“, sagte er bestimmt. „Sieh nach den Bestecken, sieh nach den Bestecken!“
Wilhelmina regte sich sofort, sie sprang auf und eilte in die Küche, wo wir sie rumoren hörten. Nach einer Weile kam sie wieder in das Zimmer gestürmt, in Händen sämtliche Bestecke, die sie aus den Schubladen gekramt hatte. Sie atmete schwer, als sie eine verrostete Gabel auf den Tisch legte. „Verbogen!“, keuchte sie. Ein Löffel folgte. „Verbogen. Verbogen, verbogen, verbogen!“
„Fass dich, Wilhelmina“, versuchte ich, sie zu beruhigen und legte sanft einen Arm um ihre Schulter. „Ich glaube, diese Bestecke waren noch nie gerade. Du weißt doch, wie Onkel Oskar ist, er hat sicherlich seit Jahrzehnten schon keine neuen mehr angeschafft!“
„Möglich“, grinste Bonnie böse. „Aber bist du dir da auch ganz sicher?“
„Ich glaube nicht, dass ein Geist oder ein sonstig paranormales Geschöpf die Krümmungen der Sykes´schen Bestecke verursacht hat“, sagte Zoé kühl, die sich offensichtlich von Bonnie in ihrer Ehre als selbsternanntes Medium verletzt fühlte und nun allen beweisen wollte, wie viel sie über Beschwörungen und anderen Hokuspokus wusste. „Die Anwesenheit böser und neutraler Schwingungen hätte ich mit größter Wahrscheinlichkeit wahrgenommen, zumal ich, wie das meine Art ist, zuvor sämtliche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen habe. Ich habe Fenster und Türen geschlossen, die Kammer vollkommen verdunkelt, eine weiße Kerze entzündet und einen Schutzkreis aus Salz gelegt. So“, sie stemmte die Fäuste in die Hüften. „Und jetzt soll noch jemand behaupten, ich verstünde nichts von meinem Handwerk.“ Sie funkelte Bonnie überheblich an, doch die lächelte nur müde und sagte gar nichts, was Zoé beinahe noch wütender zu stimmen schien.
„Tee!“, rief Hugo, der in diesem Augenblick das Zimmer wieder betrat, freudig und breitete die Arme aus. Er rauschte zum Tisch, wobei es mir ein Rätsel war, wie er es schaffte, das komplette Teeservice auf seinem Kopf zu balancieren. Dabei erinnerte er mich an die Straßenkünstlerin Caluha, die Wilhelmina und ich vor einigen Tagen am Bahnhof gesehen hatten. Seltsam, dass ich mich sogar an ihren Namen erinnern konnte. Hugo servierte uns seine Spezialität, die, wie ich zugeben musste, um einiges besser roch als meine eigene Kreation, der nach Spülwasser schmeckende Zwick Zwack. Schließlich räumte ich das alberne Hexenbrett vom Tisch, schürte das Feuer und setzte mich an den Tisch, wo Wilhelmina, Bonnie, Zoé, Luka und Hugo schon ungeduldig auf mich warteten, um mit dem Essen zu beginnen. Luka entkorkte den Wein und schenkte uns ein.
„Frönet dem üppigen Mahle, welches zu verzehren uns ein innerer Genuss und ein Fest der Freude sein wird!“, rief Hugo in seiner seltsamen Art und breitete in einer Geste, die Onkel Oskar stark ähnelte, die Arme aus. „Und genießet jede Minute, in der ihr Speis und Trank in Hülle und Fülle im Kämmerchen habt, denn die Mahlzeiten sind die schönsten Zeiten unseres Lebens.“
„Bla, bla!“, maulte Bonnie voll Ingrimm und stach – sehr zu meinem Missfallen – mit einer von Onkel Oskars verbogenen Kuchengabeln in den Tisch. „Lass die Anaptyxe und komm zur Sache, mich hungert´s!“
„Auf uns“, sagte Hugo und hob sein Weinglas. „Und auf Bell, unsere bezaubernde Gastgeberin!“ Er zwinkerte mir zu und ich musste unwillkürlich schmunzeln.
„Auf uns!“, riefen sie jetzt alle und wir stießen an und kippten den Wein in einem Zug herunter, wie es sich eigentlich gar nicht gehörte. Ich schüttelte lachend den Kopf. Was für ein wirrer Haufen sie doch alle waren. Eigentlich hielt ich nicht viel von dreisten Gästen, die sich selbst einzuladen pflegten und geradezu mit der Tür ins Haus fielen, um die Speisekammer ihres Gastgebers zu plündern. Aber in Anbetracht dessen, dass die Fuchsgeschwister alle Versorgung selbst mitgebracht hatten, verzieh ich ihnen noch einmal. Und im Grunde war es doch mein eigener Einfall gewesen, mich mit den Kummeranern bekannt zu machen und möglichst viele Kontakte zu knüpfen.
Also hob ich mein Weinglas erneut in die Höhe und lächelte: „Auf uns!“
So, ich hoffe, ihr habt diesen tristen Mittwoch gut überstanden! In unserem Schulstress haben wir es übrigens auch schon länger versäumt, einen Teil unseres Fortsetzungsromans zu veröffentlichen – bitte entschuldigt, aber es war so unglaublich viel zu tun! Mittlerweile sind unsere vier Helden bereits in Belgien angekommen, wo sie noch ein paar skurrile Begegnungen machen werden. Bitte verzeiht uns, dass wir für den französischen Teil Google Übersetzer benutzen mussten, der bestimmt nur Unsinn anzeigt, aber keine von uns kann Französisch. Zum neuen Teil kommt ihr hier! Viel Spaß beim Lesen 😉
Bis (hoffentlich) bald, eure Vi
oh, dann freue ich mich schon auf eine neue Geschichte aus Bosnien! Wie kommt ihr hin? Auto? Bus? Flieger? Gute Reise und einen guten Aufenthalt!
Danke! Es war wieder einmal sehr schön, aber wir sind – leider! – mit einem Nachtbus gefahren, die Reise war also eine einzige Quälerei… EIn paar Ideen hab ich schon gesammelt, aber es wird wohl noch etwas dauern, bis ich meine Gedanken richtig geordnte habe 😉
lg
Das Thema mit dem nicht-zum-Bloggen kommen wird euch noch leidig werden… ich glaube, das geht fast jedem Blogger so, der regelmäßig bloggen und trotzdem möglichst frei schreiben will. Wie man dies und das schreiben will, sein eigentliches Schreibprojekt, und und und…
Deine Leseproben machen mich total wuschig. Ich glaube, ich sollte besser sie nicht mehr lesen und geduldig auf das fertige Buch warten 😀
lg Mulan
Naja, würde mich ja jetzt freuen zu sagen: Ja, das ist die richtige Einstellung, nicht dass du dich spoilerst, und im Ganzen ist es dann noch viiiiel besser 😉 Aber ich fürchte, das dauert noch etwas, bis das Buch endlich rauskommt – leider! Ursprünglich kam uns die Blogidee Oberhaupt erst durch eine Bekannte, Christiane von au Film des mots, die so berühmt wurde. Und dann sind wir eben hängen geblieben, weil Bloggen unerwarteter Weise riesen Spaß macht! Was genau meinst du mit wuschig? Klar, etwas verwirrend sind meine Geschichten (allerdings auch im Ganzen 😉 ), aber ich würde mich trotzdem freuen, dich als Leserin weiterhin zu behalten 😀
LG Vi
Wuschig ist einfach so ein etwas undefinierbares Wort. Das Gefühl, dass die Haare in alle Himmelsrichtungen abstehen, obwohl man gerade die Haare ganz ordentlich zusammengebunden hat. Wenn man wegen etwas total aufgeregt ist und weiß, dass man es grade sowieso nicht haben kann. (Wenn ich mir ein halbes Jahr lang Star Wars Trailer angucke) aber es ist eigentlich nicht spezifisch auf das Warten bezogen. Etwas, das eigentlich nicht sonderlich wichtig und konkret macht und nicht schlimm genug ist, um einen wirklich zu frustrieren, aber arg genug, dass es mich nervt und reizt. 😀 Aber das müssen nicht bloß Bücher und Filme sein, auf die ich warte, sondern können auch ganz andere Dinge sein, wie wenn ich gerne singen möchte und meine Mitmenschen mir verbieten zu singen, weil ich sie nerve…
Hat gar nichts mit der Verwirrung zu tun, deine Geschichtenausschnitte sind so weit für sich verständlich, aber es ist wie wenn man eine dieser gewaltsam in mehrere Teile zerissenenen Buchverfilmungen ansieht, man hat nur einen Teil des Handlungsbogens und der Rest steckt leider im anderen Film.
Ja, das Problem mit den Trailern kenne ich – das macht mich auch immer halb wahnsinnig! Und am liebsten würde ich dir ja auch mein ganzes Buch zum Lesen geben, einfach nur, um deine Meinung zu hören. Im Moment liest es meine Deutschlehrerin, ich bin ehrlich gesagt echt gespannt, was sie dazu sagt und welche Verbesserungen Sir vornimmt… Also, cool wäre natürlich, mein Buch irgendwann gebundrn in meinem Bücherregal zu sehen. Ich glaub, diesen Wusch kennst du nur zu gut – davon träumrn vermutlich alle Geschichtenschreiber. Immerhin haben wir ja beide den „Traumberuf Schriftstellerin“ 😉